Der Wiener Kongress
Nach 20 Jahren napoleonischer Herrschaft in Europa, von konstanten Kriegen, Zerstörung und Umwälzungen geprägt, wurde 1814 nach einer neuen europäischen Ordnung und dauerhaftem Frieden gesucht. Ein solcher Frieden sollte auch revolutionäre Bestrebungen verhindern und um diesen mit allen europäischen Mächten vereinbaren zu können, wurde der Wiener Kongress veranlasst.
Dabei handelte es sich um eine Versammlung in der österreichischen Hauptstadt, an der Vertreter von über 200 europäischen Staaten teilnahmen. Der österreichische Außenminister Klemens Wenzel von Metternich besaß den Vorsitz über die Versammlung und eröffnete sie offiziell am 1. November 1814. Primär war dies zwar ein Kongress zur diplomatischen Lösung der europäischen Probleme, über die politischen Verhandlungen hinaus bot er aber auch umfangreiche Festlichkeiten. Allein durch den Kongress wuchs die Einwohnerzahl Wiens von etwa 265.000 auf 295.000 Menschen. Nicht nur Staatsmänner, Fürsten und ihre Entourage, sowie einzelne Interessensvertreter reisten für den Kongress an, sondern zu ihrer Beschäftigung auch Künstler*innen, Geschäftemacher*innen und Prostituierte, die sich Arbeit versprachen. So war der Kongress bei Zeitgenossen*innen auch als eine große Vergnügungsveranstaltung, die sich zusammen mit den politischen Verhandlungen über mehrere Monate erstreckte, bekannt.
Die diplomatischen Entscheidungen wurden jedoch exklusiv von den aristokratischen Führern der Großmächte getroffen, für die Bestrebungen von Selbstbestimmung und Nationalstaatlichkeit, trotz Forderungen nach diesen aus der Bevölkerung, außerhalb jeglicher Debatte blieben. Mit dem Abschluss des Wiener Kongress‘ im Juni 1815 war das europäische Gleichgewicht territorial wiederhergestellt. Die teilnehmenden Staaten verpflichteten sich außerdem dazu, revolutionäre Bemühungen vollkommen zu unterbinden.
Durch die Französische Revolution und anschließende Herrschaft Napoleons war bei den Europäern*innen aber bereits ein liberales Denken entstanden. Nationalbewusstsein und auch revolutionäre Gedanken waren ihnen nicht mehr fremd und sie ließen sich diese Werte auch durch die Entscheidungen der Eliten nicht wieder nehmen. Eine simple Rückkehr zu den alten, monarchischen Strukturen, war auf Dauer nicht möglich, da sich die europäische Bevölkerung bereits weiterentwickelt hatte. In langfristiger Sicht funktionierten die Ziele, die vermehrt auch ohne Rücksicht auf Sprachen oder Volkszugehörigkeit durchgesetzt worden waren, also nicht. Es kam immer wieder zu revolutionären Bestrebungen und Unzufriedenheiten in der Bevölkerung.